Der Weg des TVB in die Handball-Bundesliga, Teil 1

1995 bis 1998 (Verbandsliga) – TVB-Trainer Fischer fehlt das Vertrauen und tritt zurück

Vor 25 Jahren war an Profi-Handball im Rems-Murr-Kreis nicht zu denken gewesen. Nun steht der TV Bittenfeld, der seit der Saison 2015/16 unter dem Namen TVB Stuttgart spielt, vor seiner sechsten Saison in der ersten Bundesliga. In einer Serie erinnern wir an den Aufstieg von der Verbandsliga in die Elite-Liga.

Mitte der 1980er Jahre hatte der TVB der württembergischen Oberliga angehört, ehe am Zipfelbach für längere Zeit wieder kleinere Brötchen gebacken werden müssen. In der Saison 1994/95 geht es wieder langsam bergauf: Mit neun Punkten Vorsprung schafft der TVB den Aufstieg von der Landesliga in die Verbandsliga.

Dritter Platz nach dem Aufstieg

Das Ziel in der Verbandsliga-Saison 1995/96 ist klar: Klassenverbleib – auch, weil es wenig Bewegung gibt im Spielerkader. Reiner Seiz verabschiedet sich in die zweite Mannschaft. Die drei Neuen kommen allesamt aus der eigenen Jugend: Thorsten Reichle, Helge Fröschle und Dominic Veigel. Der Kader: Oliver Gnann, Michael Schwaderer, Ahmet Cizmecioglu (alle Tor), Volker Dezius, Till Jung, Wolf Jung, Henning Fröschle, Helge Fröschle, Stephan Kaufmann, Bernd Krewenka, Roland Wissmann, Gregor Bihler, Thomas Moser, Kai Gendig, Thorsten Reichle, Dominic Veigel.

Der TVB geht mit der Hypothek in die Runde, dass Torhüter Michael Schwaderer mit seinem zweiten Kreuzbandriss zunächst ausfällt – ein herber Verlust. Es läuft allerdings viel besser als erwartet für das Team von Trainer Rolf Fischer: Es überrascht mit Rang drei, punktgleich (25:19) mit dem Zweiten TSV Neuhausen/Filder und einen Zähler vor der SG Schorndorf. Lange Zeit ist der TVB sogar der einzige ernsthafte Konkurrent des überlegenen Meisters VfL Waiblingen (38:6 Punkte). Interessant auch: Nur sechs Punkte hat der TVB Vorsprung auf einen Abstiegsplatz.

Natürlich ist Fischer mit dem Saisonverlauf sehr zufrieden. Auch wenn sein Team hin und wieder Lehrgeld bezahlen muss – beispielsweise bei der 14:20-Heimniederlage im Derby gegen den späteren Absteiger SC Korb. Den Auftritt seiner Mannschaft kommentiert Fischer mit folgenden Worten: „Ich nenn’ lieber kein Niveau, sonst tu’ ich den anderen Klassen vielleicht unrecht. Noch so ein schlechtes Spiel können wir uns nicht erlauben, sonst treibt’s auch den letzten Zuschauer noch aus der Halle.“

Das zweite Jahr in einer neuen Liga wird immer schwerer als die Premierensaison: Das befürchten die Bittenfelder auch vor der Spielzeit 1996/97. Wieder muss der Trainer Rolf Fischer fast die gesamte Saison auf einen kreuzbandgeschädigten Spieler verzichten: Der 25-jährige Kreisläufer und Abwehrspezialist Henning Fröschle ist eine der großen Stützen. „So einen wie ihn hat man nur alle zehn Jahre“, sagt Fischer. „Er hält das Team zusammen.“

Bauarbeiten in der Gemeindehalle, TVB spielt in Neustadt

Der TVB hält an seiner Philosophie fest, vornehmlich auf die eigene Jugend zu setzen. Neu hinzu stoßen Timo Meyer und Stefan Thulmann. Ganz ohne „Fremde“ kommt auch er nicht aus. Vom SKV Oberstenfeld kommt der Linksaußen Jens Kern hinzu, von den SF Schwaikheim der talentierte Rückraumspieler Manuel Mühlpointern und vom SSV Hohenacker der Torhüter Peter Wolfangel. Nicht mehr zum Kader gehören Bernd Krewenka und Volker Dezius (TVB II), Michael Schwaderer (hört auf) und Gregor Bihler (pausiert).

Schwierig wird die Saisonvorbereitung: Der Ausbau der Bittenfelder Sporthalle verzögert sich, es fehlt an Trainingsmöglichkeiten. Die Bauarbeiten sollen erst im Januar abgeschlossen sein. Bis dahin weicht der TVB für seine Heimspiele nach Neustadt aus. Wie zu erwarten, können die Bittenfelder nicht an die Leistung der Vorsaison anknüpfen. Es reicht lediglich zu Rang sieben mit 21:23 Punkten.

Im dritten Jahr in der Verbandsliga, dem sechsten unter Trainer Rolf Fischer in der Saison 1997/98, peilt der TVB einen Mittelfeldplatz an – und möchte laut Fischer „einen etwas besseren, attraktiveren Handball“ spielen. Die Voraussetzungen scheinen so schlecht nicht: Henning Fröschle (Kreuzbandriss) ist wieder genesen, laut Fischer fehle ihm lediglich „noch ein bisschen Grundschnelligkeit“. Auch Torhüter Oliver Gnann, der in der Vorsaison mit kleinen Verletzungen zu kämpfen hatte, ist wieder voll belastbar.

Die Bewegungen im Kader sind wieder überschaubar: Der Routinier Thomas Moser tritt etwas kürzer und rückt in die zweite Mannschaft zurück, der Torhüter Peter Wolfangel wird durch Dietmar Schmalzried aus dem Reserveteam ersetzt. Aus der A-Jugend rücken Markus Fritz, Marc d’Addetta und Jürgen Schweikardt auf.

Glücklich sind die Bittenfelder, dass Manuel Mühlpointner den Verlockungen anderer Teams widersteht. Vor allem der Oberligist VfL Waiblingen flirtet heftig mit dem wurfgewaltigen Rückraumspieler. „Mir ist klar, dass Manuel irgendwann gehen wird“, sagt Trainer Fischer. „Aber von mir aus kann er gerne seine Karriere hier beenden.“

Auch Mühlpointners Rückraum-Kollege Wolf Jung behält das TVB-Trikot an. Allerdings weilt der 27-Jährige berufsbedingt unter der Woche in Essen und reist erst zu den Spielen an – was noch eine Rolle spielen wird im Laufe der Saison. In der gibt’s übrigens die eine oder andere Regeländerung: Eingeführt werden unter anderem das passive Spiel, das Team-Timeout, der schnelle Anwurf und das Timeout nach einer Siebenmeterentscheidung. Außerdem sollen die Schiedsrichter nach Foulspielen härter durchgreifen. Was der Trainer einer Mannschaft begrüßt, die auf die spielerische Komponente Wert legt. Fischer hat nämlich beobachtet, ,,dass der Handball zu seiner alten Härte zurückgefunden hat, es gibt heute viele brutale Fouls“.

Der Bruch ist nicht mehr zu kitten: Rolf Fischer zieht sich zurück

Bis zum Ende der Saison kann Fischer nicht beobachten, inwiefern die Unparteiischen eine härtere Linie fahren. Der TVB scheidet im Verbandspokal gegen den Landesligisten TSV Liebersbronn aus. Nach der anschließenden 16:24-Heimpleite gegen den TSV Asperg bemängelt der Coach die Einstellung seiner Spieler und stellt die Vertrauensfrage. „Da haben wir die Zuschauer endgültig aus der Halle gespielt“, sagt er. Er tritt vor die Mannschaft. „Ich habe keinen Grund gesehen, diplomatisch zu sein. Ob der Zeitpunkt gut war, ist schwer zu sagen.“

Die Mannschaft stimmt mit knapper Mehrheit gegen Fischer, deshalb reist der TVB ohne ihn zum Spiel nach Holzgerlingen. Das geht mit 19:21 verloren. Es gibt anschließend ein Gespräch zwischen der Mannschaft, Fischer und den Ausschussmitgliedern. Die Risse sind jedoch nicht mehr zu kitten. „Die Mannschaft hat mir nicht signalisiert, wohin sie will. Sie muss ihre internen Strukturprobleme in den Griff bekommen. Es fehlt an der Hierarchie im Team, es fehlen Führungsspieler“, sagt Fischer. Kritisiert wird aus der Mannschaft offensichtlich Fischers Umgang mit Wolf Jung. Der bekommt weniger Spielanteile, weil er laut Fischer Trainingsrückstand habe. „Wenn ein Spieler körperlich nicht in entsprechender Verfassung ist, spielt er weniger“, sagt Fischer. „Da gibt’s keine Ausnahme.“ Trotz Knatsch und Rücktritt hat Fischer keineswegs die Nase voll vom TVB. Er möchte sich in die Jugendarbeit einbringen. Seinen Job als Männertrainer übernimmt Günter Schweikardt. Der A-Jugendtrainer ist Jahre zuvor in einer ähnlichen Situation bereits eingesprungen. Erfolgreicher indes spielen die Bittenfelder zunächst nicht, bleiben in der Winterpause mit 8:12 Punkten auf dem viertletzten Platz hängen.

In der Rückrunde berappelt sich der TVB, sammelt 14:4 Punkte und beendet die Spielzeit mit 22:18 Zählern auf dem vierten Platz. Die HSG Albstadt steigt mit 34:6 Punkten auf. Eine starke Rückserie spielt Manuel Mühlpointner. Der VfL Waiblingen und der Regionalligist TV Oppenweiler locken den langen Blonden, der allerdings für ein weiteres Jahr beim TVB zusagt.

Apropos Waiblingen: Auf den VfL sind die Bittenfelder nicht gut zu sprechen: In der ersten Runde des Verbandspokals freut sich der TVB aufs Derby gegen den Oberligisten. Die Partie mutiert jedoch zu einer besseren Trainingseinheit für den Gastgeber, weil der VfL seine dritte Garnitur in die Gemeindehalle schickt. Die erste Mannschaft weilt im Trainingslager. Der TVB, verteidigen sich die Waiblinger, habe einer Spielvorverlegung nicht zugestimmt. Die Bittenfelder spazieren mit 28:12 in Runde zwei. Der VfL muss weiteren Spott über sich ergehen lassen, weil die Spieler in unterschiedlichen Trikots auflaufen.

Quelle: ZVW / Thomas Wager

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