Heimfluch beendet, Traumstart in Sicht

Kräftig durchpusten ist angesagt gewesen für die Erstliga-Handballer des TVB Stuttgart nach dem 30:28-Sieg am Donnerstag gegen Wetzlar. Am Sonntag möchte der TVB beim noch punktlosen VfL Gummersbach nachlegen. Beim Traditionsclub ist nach der 16:30-Schlappe in Lemgo bereits Feuer unterm Dach, was dem TVB-Trainer Jürgen Schweikardt nicht so recht ist.

Den Blick in die Vereins-Chronik können sich die Fans sparen: Eine so langanhaltende Durststrecke hat’s noch nie gegeben. In sämtlichen 14 Heimspielen seit dem 17. September 2017 blieb der TVB ohne Sieg. Gegen die HSG Wetzlar sah’s am Donnerstag Mitte der zweiten 30 Minuten so aus, als setzte sich diese Serie fort. Beim 18:19-Rückstand war die Sechs-Tore-Führung, die sich der TVB im ersten Spielabschnitt erarbeitet hatte, Makulatur. Das große Zittern begann, am Ende hatte der TVB beim 30:28 doch das bessere Ende für sich.

„Es war ein hochinteressantes Spiel“, sagt der TVB-Trainer Jürgen Schweikardt am Tag danach. Und es habe sich wieder einmal gezeigt, dass sich kein Team sicher sein dürfe, einen größeren Vorsprung über die Zeit zu bringen. „Die Spieler auf diesem Niveau sind anpassungsfähig.“ Die HSG habe gut reagiert, ihre Taktik geändert und sein Team vor Probleme gestellt. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass es immer Phasen im Spiel geben wird, in denen etwas nicht so funktioniert“, so Schweikardt. „Entscheidend ist, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen.“

Die Partie gegen Wetzlar lieferte überdies den Beleg dafür, wie wichtig die „Kopfarbeit“ im Handball ist. Nach der Halbzeit flutschte es im TVB-Angriff nicht mehr. Überraschenderweise jedoch spuckt die Statistik einen ganz anderen Wert aus: In den ersten 30 Minuten gelangen dem TVB 14 Tore, nach der Pause 16. „Unser Thema war ganz klar die Abwehr, wir haben uns im Kopf zu viel mit dem Angriff beschäftigt.“ Am Ende freute sich der Trainer nicht nur über die wichtigen Punkte, sondern auch für die „tollen Fans“, die endlich mal wieder jubeln durften. „Ich hoffe, es kommen noch ein paar mehr solche Spiele hinzu in dieser Saison.“

Zunächst jedoch muss der TVB am Sonntag (16 Uhr) auswärts ran, was ihn jedoch nicht übermäßig beeindrucken dürfte. Schließlich überzeugte das Team in der Fremde zuletzt öfter als in eigener Halle – auch gegen Gummersbach in der vergangenen Saison. Da setzte sich der TVB in der Schwalbe-Arena mit 26:25 durch, in der Scharrena zog es beim 22:26 den Kürzeren.

Die Handballer des VfL Gummersbach sind das, was der Hamburger SV im Fußball ist: Gründungsmitglied der ersten Liga. Beinahe hätte der VfL, wie der HSV, seinen Status des Unabsteigbaren verloren. In den vergangenen beiden Jahren schaffte Gummersbach mit Platz 15 zweimal hauchdünn den Ligaverbleib. Auch in dieser Saison sehen die Experten den VfL im Abstiegskampf.

Mit dem deutschen Nationalspieler Simon Ernst, der zu den Füchsen Berlin wechselte, verlor der VfL einen seiner wichtigsten Spieler. Sechs weitere Akteure sind nicht mehr dabei. Drei Spieler von außen kamen hinzu. Die Hoffnungen ruhen auf dem 20-jährigen iranischen Nationalspieler Pouya Norouzi Nezhad (von den Kadetten Schaffhausen), dem von etlichen Clubs umworbenen jungen Kroaten Ivan Martinovic (20/Margareten/Österreich) und nicht zuletzt auf dem Routinier und Rückkehrer Drago Vukovic (34). Der Kroate feierte nach einer Meniskusverletzung aus dem zweiten Spiel in Erlangen am Donnerstag sein überraschendes Comeback. Der Kapitän hat den Untergang des VfL bei der 16:30-Pleite in Lemgo allerdings nicht verhindern können. Die Gummersbacher zeigten eine desolate Leistung, Vukovic sprach in der Kölnischen Rundschau von der „schlimmsten Niederlage meiner Karriere“. Zuvor war der VfL beim 22:30 in Erlangen chancenlos gewesen.

Nach drei Spieltagen ziert der TVB-Gegner das Tabellenende, doch Jürgen Schweikardt will sich davon nicht täuschen lassen. Zum einen habe sich Gummersbach zum Saisonauftakt zu Hause gegen Hannover (25:26/Anmerkung der Redaktion) sehr gut präsentiert. Zum anderen habe der VfL eine prima Vorbereitung gespielt – was der TVB am eigenen Leib zu spüren bekam. Beim Esslinger Marktplatzturnier unterlag er mit 24:35.

Nach dem Debakel des VfL in Lemgo erwartet Schweikardt, dass der Gegner mit aller Macht um die ersten Punkte kämpfen wird. „Da wird ein anderes Team auf dem Feld stehen.“ Für seine Mannschaft gelte es, die Emotionen und die Aggressivität aus den Spielen gegen Leipzig und Wetzlar nach Gummersbach zu transportieren. „Dann können wir auch dort etwas holen.“

Wie schon am Donnerstag, so wird Schweikardt auch am Sonntag alle Spieler zur Verfügung haben. Das gab’s beim TVB schon lange nicht mehr. Das Spiel können Sie bei uns im Liveticker verfolgen.

Quelle: Thomas Wagner, ZVW