18 Stunden Arbeit, eine Stunde Handball

Ein paar Hundert Zuschauer quetschten sich einst bei den Spielen der Bittenfelder Handballer in die Gemeindehalle. Die Sponsoren drängten sich auf der Bühne hinterm Tor an ein paar Stehtischen, im Foyer wurden Leberkäsweckle und Flaschenbier über den Tresen geschoben. Heute spielt der TVB Stuttgart vor 6000 Fans in der Porsche-Arena, in den VIP-Räumen und Logen werden bis zu 700 Gäste versorgt. Der Aufwand ist immens und kann nur gestemmt werden, weil die Zusammenarbeit zwischen den Dienstleistern, der Geschäftsstelle und den ehrenamtlichen Schaffern sehr gut funktioniert.

7.30 Uhr – Frühschicht

Der erste Lkw der Spedition Arnholdt & Sohn GmbH, mit Sitz in Stuttgart am Nordbahnhof, fährt am Samstagmorgen um halb acht vor die Katakomben der Porsche-Arena. In großen Boxen werden die LED-Banden und weiteres Material angeliefert, gelagert wird es in drei Containern in Esslingen. Zwei Touren muss der Lkw am Spieltag fahren. Vor Ort ist auch bereits Sven Heib, Technischer Leiter und Sicherheitsbeauftragter des TVB Stuttgart. Auch für dessen Mutter Monika beginnt der Tag am Vormittag: Die Leiterin der Geschäftsstelle ist unter anderem fürs Ticketing zuständig – und muss noch den einen oder anderen kurzfristigen Kartenwunsch von Nachzüglern oder Spielern erfüllen. Den Aufbau in der Porsche-Arena übernimmt zu großen Teilen der Fellbacher Dienstleister SDS. Vier bis fünf Mitarbeiter stecken die Klatschpappen und Flyer in die Sitze und bauen die LED-Werbebanden auf, die aus 84 Einzelteilen bestehen. Auch im VIP-Bereich im benachbarten Restaurant Palm Beach ist das SDS-Team zugange, nachdem es die Arbeit in der Halle beendet hat. Die LED-Banden werden von einer Software gesteuert. Falls ein Modul ausfällt, ist Philipp Porges von der zweiten Mannschaft des TVB gefordert. Für die Handballspiele in der Porsche-Arena muss ein knapp ein Zentimeter dicker Boden schwimmend verlegt werden – und aufgrund der Temperaturunterschiede mindestens zehn Stunden vor dem Spiel und wenn möglich schon am Vortag. Der Hallenboden ist aufgeteilt in 36 Bahnen, jede Bahn ist 200 Kilogramm schwer. Alle Böden in der Ersten Bundesliga haben dieselbe Farbe: blau mit schwarzer Umrandung. Die Linien sind vorgeklebt, der Bodenleger muss beim Verlegen also auf die richtige Anordnung der Bahnen achten.

12.30 Uhr – Doppelschicht

Die Ehrenamtlichen Thomas Petershans und Jürgen Läpple sind in der Halle für – fast – alles verantwortlich, was der Dienstleister nicht erledigt. Entsprechend lang ist ihr Arbeitstag. Unterstützt werden Petershans und – der an diesem Tag erkrankte – Läpple von zwei bis drei Spielern aus der zweiten Mannschaft und der A-Jugend. Es fällt eine Unmenge an Arbeit an: Getränke und Verpflegung bereitstellen für beide Mannschaften sowie für die Mitarbeiter, Schiedsrichter und Zeitnehmer; die Kabine richten, schauen, ob die Kühlschränke in Ordnung sind; die Werbebanner, -banden und -tafeln befestigen; den Zeitnehmertisch und das gelbe Fan-Sofa am Spielfeldrand sowie die überdimensionalen Werbeflaschen und Wischerstühle aufstellen; die Schiedsrichter betreuen und Zeitnehmer einweisen; das Gästeteam empfangen; mit dem Fernsehteam von Sky kommunizieren und eventuell Werbetafeln umhängen; den Mitarbeiterraum mit Getränken bestücken. Ein Sponsor liefert später noch Häppchen. Thomas Petershans’ Tochter Svenja kümmert sich um die Einlaufkinder, zwei bis drei Tage vor dem Spiel wird Kontakt mit den Betreuern aufgenommen. Am Spieltag ist das komplette Team der TVB-Geschäftsstelle im Einsatz. Fürs Social Media arbeiten Markos Kastanis, Ann-Kathrin Eller, Carina Kalmbach, Marlen Wiedmann. Folgende Kanäle werden am Spieltag bespielt: Facebook, Twitter, Instagram, TikTok, Youtube, Homepage, Mail-Newsletter, ZVW-Ticker. Patrick Rommel unterstützt die Sponsorenbetreuung und ist für die Leistungen der Sponsoren am Spieltag zuständig: Er kontrolliert, ob alle Banner und Roll-ups aufgestellt und die Flyer verteilt sind.

13 Uhr – Meisterkleber

Die Spielfelder in der ersten Liga sind mit rund einem Dutzend Werbebannern versehen. In Mehrzweckhallen wie der Porsche-Arena und Scharrena muss der Boden zu jedem Spiel neu verlegt und damit auch die Werbeflächen stets aufs Neue verklebt werden. René Reinert sowie die Brüder Jürgen und Gotte Walz übernehmen in der Regel beim TVB diese Arbeit. Zum Team gehört auch Michael Klotz. Thomas Petershans springt ein, falls Not am Mann sein sollte. Rund zweieinhalb Stunden dauert’s, bis die zwölf Banner auf dem Boden haften. Reinert und die Walz-Brüder sind alte Hasen in diesem Geschäft: Schon zu Zeiten der altehrwürdigen Bittenfelder Gemeindehalle hatte Jürgen Walz diesen Job inne. Das Hauptwerkzeug, eine Walze am Stil, hat er sich von einem Kumpel extra anfertigen lassen. Blasen, die sich unter der dünnen Folie bilden, werden mit dem kleinen Werkzeug weggestreichen. „Ich mache das jetzt seit 17 Jahren“, sagt Jürgen Walz und grinst: „Und zwar unfallfrei.“ Will heißen: Die selbstklebenden Folien haben sich während eines Spiels noch nie gelöst und wurden nicht zu gefährlichen Stolperfallen für die Spieler. „Später in der Saison, wenn die Klebekraft nachlässt, helfen wir ein bisschen mit Tesafilm nach“, sagt Reinert, der seit zehn Jahren im Klebedienst ist. Die Werbebanner müssen – nach Vorgabe der Handball-Bundesliga (HBL) – stets in einem bestimmten Winkel und an derselben Stelle auf dem Spielfeld verklebt sein, damit sie von der Kamera medienwirksam erfasst werden. Deshalb sind die Ecken der Banner auf dem Hallenboden vorgezeichnet, die Größe ist von der HBL ebenfalls festgelegt.

14 Uhr – Verwandlungskünstler

In der Scharrena werden die VIPs direkt in der Halle betreut. Bei Spielen in der Porsche-Arena dagegen weicht der TVB in den Veranstaltungsraum Cancun des benachbarten Restaurants Palm Beach aus. Verantwortlich ist Nicole Sdunek, die zwei bis drei Stunden vor der Hallenöffnung ihren Dienst antritt. Vier Personen vom TVB sowie vier des Dienstleisters SDS sind mit dem Umbau des Raumes beschäftigt. Zehn Mitarbeiter stark ist das Bewirtungsteam. Das Cancun wird dekoriert und nahezu komplett ausgeräumt, die Tische werden zu 80 Prozent durch Stehtische ersetzt. „Das schafft eine lockere Atmosphäre und bringt Dynamik in den Raum“, sagt Nicole Sdunek. „So lässt sich besser netzwerken.“ Zwischen 400 und 500 Gäste müssen betreut werden – vor dem Spiel, in der Halbzeit und nach dem Spiel. Je nachdem, wie der TVB spielt, bleibt der eine oder andere nach der Pause ein bisschen länger hier – und schaut sich einen Teil des Spieles auf einem der unzähligen Monitore an. Wenn die letzten Gäste das Cancun verlassen haben („Wir werfen keinen raus“), ist der Abend für Nicole Sdunek und ihre Mannschaft noch längst nicht zu Ende: Das Cancun muss wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden, weil am nächsten Tag der VfB Stuttgart spielt und der Raum benötigt wird. Ansonsten wird der Abbau auch mal auf den nächsten Tag verschoben. Etwa vier bis fünf Stunden vor dem Anpfiff trifft das Sky-Team ein. Der Bezahlsender überträgt jedes Spiel der ersten Liga live. Bei sogenannten „großen“ Spielen – mit Co-Kommentator – sind 20 Sky-Mitarbeiter vor Ort, rund ein Dutzend ist’s bei normalen Spielen. Vor und nach dem Match gibt’s Interviews mit Spielern und Verantwortlichen beider Mannschaften.

16 Uhr – Strippenzieher

Sven Heib ist als Technischer Leiter für den Gesamtablauf bei einem Heimspiel zuständig und zudem Sicherheitsbeauftragter beim TVB. Vor jedem Spiel gibt’s eine kurze Sitzung mit dem Security-Personal. Besprochen wird unter anderem, wer mit welcher Armbandfarbe zu welchen Räumen Zutritt hat, wann die VIP-Lounge öffnet und welche Fotografen aufs Spielfeld dürfen. An diesem Samstag gibt’s in Stuttgart ein spezielles Problem: Der Schwanentunnel ist gesperrt, die Innenstadtbesucher können nicht mehr ins Zentrum fahren und stellen deshalb ihr Fahrzeug auf dem Cannstatter Wasen ab. Der Parkplatz ist nachmittags schon gut gefüllt. Die spannende Frage ist: Schaffen es die 6000 Handball-Fans rechtzeitig bis zum Anpfiff in die Halle? „Früher wäre in diesem Fall vielleicht ein paar Minuten später angepfiffen worden“, sagt Heib. „Wegen der Fernsehverträge geht das aber nicht mehr.“ Der frühere TVB-Spieler kümmert sich bei den Spielen auch um das interaktive Videoportal „Sportlounge“. Jeder Erstligist zeichnet seine Heimspiele auf und stellt die Aufnahmen ins Videoportal ein. Das Aufnahmegerät wird zehn Minuten vor dem Spiel an den Übertragungswagen von Sky angeschlossen und nach dem Schlusspfiff wieder entfernt. Spätestens zwölf Stunden nach Spielende muss das Spiel auf dem Server sein, damit alle Erstligisten Zugriff darauf haben. Um 17 Uhr öffnet die Arena ihre Türen. Zur Partie gegen Flensburg gibt es ausnahmsweise ein Vorspiel der zweiten Mannschaft. Deshalb sind einige Fans schon früher in der Halle. Zwei Stunden später sind die VIP-Bereiche zugänglich. Außer den 400 bis 500 Gästen in Cancun müssen rund 200 geladene Gäste in den Logen betreut werden. Philipp Klaile hat die Verantwortung, das Catering übernimmt die Gastronomie Grandl.

19 Uhr – Medienarbeit

Philipp Klaile, Leiter Vertrieb und Kommunikation beim TVB Stuttgart, koordiniert mit seinem Team die anfallenden Arbeiten. Die Medienplätze auf der Tribüne für die dauerakkreditierten Vertreter und für das Sky-Team sowie die Presseplätze am Spielfeldrand werden hergerichtet. Diverse Social-Media-Kanäle müssen gefüttert werden. Eine TVB-Mitarbeiterin holt direkt nach Spielschluss die Stimmen von zwei TVB-Spielern ein. Diese Beiträge werden auf Youtube und Facebook gestellt, außerdem müssen der Presseraum vorbereitet und die Sky-Vertreter betreut werden. Sie haben auch Zugang zum Mitarbeiterraum des TVB. Mittlerweile hat Jens Zimmermann seine Arbeit aufgenommen. Seit dem ersten Spiel in der Porsche-Arena im Jahr 2006 moderiert er die Spiele des TVB Stuttgart, die Spiele in der Gemeindehalle übernahm der TVB selbst. Zu Beginn war Jens Zimmermann parallel für die Rhein-Neckar Löwen und den TVB am Mikrofon. „Das ging aber nur, weil die beiden Vereine in unterschiedlichen Ligen spielten“, sagt Zimmermann. Längst sei er emotional verbunden mit dem TVB. „Wir entwickeln auch gemeinsam Dinge, es fühlt sich für mich nicht an wie ein Job.“ Insgesamt rund fünf Stunden ist Jens Zimmermann an einem Spieltag mit dem TVB beschäftigt. Etwa 30 Minuten braucht der handballaffine Medien-Profi zur Vorbereitung auf eine Partie. Nach der Spielmoderation leitet er die Pressekonferenz mit den Vertretern beider Mannschaften und im Anschluss den VIP-Talk.

20 Uhr – Showtime

Rund eine halbe Stunde vor Spielbeginn wird’s ernst für Ingo Rossmann. Seit der Mittagszeit ist der Mann, Veranstaltungstechniker von Beruf und beim TVB für die Opening-Show verantwortlich, in der Porsche-Arena zugange. Die Lichtanlage steht, die Gerätschaften für die Nebel- und Feuershow sind ebenfalls am richtigen Fleck. Der aufblasbare Kopf des Maskottchens Johnny Blue dient seit dieser Saison als Einlauftunnel, vier Personen kümmern sich um Johnny. „Die TVB-Spieler kommen jetzt einzeln aufs Spielfeld, da muss alles exakt getaktet sein“, sagt Ingo Rossmann. Rund 400 Arbeitsstunden, schätzt Rossmann, seien angefallen, bis das Programm stand und alles funktionierte. Rossmann verwendet eine spezielle Nebelmischung, die sich nach drei Minuten vollständig verflüchtigt. „Beim Anpfiff ist die Sicht blank.“ Rossmann erinnert sich noch gut an die Anfangszeit in der Gemeindehalle vor elf Jahren. Zunächst sei nur beschallt worden. „Dann hatten wir ein Blitzlicht in einer Ecke – das war’s.“ Heute braucht er fast einen halben Tag für den Auf- und Abbau. „Und in 20 Minuten ist alles vorbei.“ Kurz vor Spielbeginn wird die Anlage noch ein letztes Mal geprüft. „Einen Komplettausfall der Technik hatten wir zum Glück noch nicht“, sagt er. Allerdings eine ziemliche Schrecksekunde: Ein Fotograf habe einst, keinesfalls in böser Absicht, kurz mal einen Stecker rausgezogen, weil er einen Laptop einstöpseln wollte. „Da bricht dann halt mal der gesamte Stromkreis zusammen.“

22.15 Uhr – Spätschicht

Während die Akteure auf dem Spielfeld von 20.30 Uhr an schwitzen, kann Sven Heib in der Regel ein wenig durchschnaufen. Mit einem Knopf im Ohr verbunden sind Heib, Zimmermann, Rossmann, Porges, der DJ, Lichttechniker, Fieldmanager und Floormanager. Sie können bei Problemen umgehend reagieren. Meistens jedenfalls: Im Match gegen die SG Flensburg-Handewitt sind auch den Experten die Hände gebunden: Aufgrund einer vorherigen Veranstaltung hängt der Videowürfel – zu – weit oben und lässt sich nicht mehr ohne weiteres absenken: Die Elektrik streikt. Die Zuschauer in den oberen Rängen haben einen schlechten bis gar keinen Blick auf die Spielstände – und die Spieler und Trainer kriegen einen steifen Hals. Nach dem Schlusspfiff um kurz vor 22 Uhr neigt sich der Tag nur für die Spieler und Fans dem Ende zu. Für die Helfer beginnt sozusagen die zweite Halbzeit: Die Porsche-Arena muss so schnell wie möglich leergeräumt werden. Am nächsten Tag soll hier das Konzert von Sarah Connor steigen (das übrigens kurzfristig wegen Krankheit ausfällt). Die Trucks stehen jedenfalls bereits in den Startlöchern, während der Lkw der Esslinger Spedition anrollt. Im Cancun feiern derweil bereits die Sponsoren den Punktgewinn gegen den Deutschen Meister, die Spieler stoßen nach dem Duschen hinzu. Wenn der Raum leer ist, geht’s für die Mitarbeiter in die Verlängerung: Weil der VfB Stuttgart tags darauf ein Heimspiel hat, muss auch hier in der Nacht noch umgebaut werden. Um zwei Uhr schließlich findet auch der letzte TVB-Mitarbeiter endlich seine Ruhe.

Quelle: Thomas Wagner / ZVW

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