Vom Zipfelbach ins Silicon Valley

Golden-Gate-Bridge und Pazifik statt Murrtal-Viadukt und Zipfelbach, San Francisco Calheat statt TV Bittenfeld und HC Oppenweiler/Backnang: Seit Juli startet der Handballer Florian Schöbinger in den USA durch – allerdings nicht in erster Linie handballerisch, sondern als Start-up-Scout seines Arbeitgebers Kärcher im Silicon Valley. Über die Feiertage war er auf Heimatbesuch.

Keine Frage: Das Mannschaftsfoto des Handballclubs Calheat aus San Francisco mit 26 Spielern macht Eindruck, und auf den Einzelporträts posieren die Spieler vor der Golden-Gate-Bridge. Die Nummer 3, die Florian Schöbinger lange Jahre beim TV Bittenfeld getragen hat, ist zwar an den Franzosen Raphael Renault vergeben. Die Nummer 17 steht „Schöbi“ aber auch nicht schlecht. Die Spielpositionen sind dieselben: Pivot and Center Back. Kreisläufer und Rückraum-Mitte also – in einer Sportart, die in den USA unter ferner liefen gelistet ist.

Zweimal die Woche wird trainiert. Vorausgesetzt, die Zeit lässt es zu. Denn die Spieler der Multi-Kulti-Truppe aus Franzosen, Spaniern, Asiaten, Brasilianern, Costa Ricanern, Afrikanern, Ungarn und Deutschen tragen alle aus demselben Grund die dunkelblau-orangefarbenen Trikots der Calheat: Sie hat es beruflich in die Gegend verschlagen. Handball spielen die Jungs, weil sie es in der Heimat getan haben. Und um Kontakte aufzubauen und zu pflegen in einer fremden Welt.

Ein Angebot, dem nicht zu widerstehen war

Nicht anders lief’s bei Florian Schöbinger. 16 Jahre spielte er beim TV Bittenfeld, der Alfdorfer stieg mit dem Verein bis in die erste Bundesliga auf. Anders als manch anderer (Halb-)Profi hatte Schöbinger stets seine berufliche Entwicklung im Blick. Nach dem Betriebswirtschafts-Studium stieg er 2014 beim TVB-Hauptsponsor Kärcher ein. Zunächst, parallel zum zeitintensiven Handball-Engagement beim TVB, mit einer 50-Prozent-Stelle. Nach der Saison 2015/2016 verabschiedete sich Schöbinger aus dem Profi-Handball, nahm bei Kärcher eine Vollzeitstelle an und spielte nebenbei beim Drittligisten HC Oppenweiler/Backnang.

Vermutlich hätte der 32-Jährige seine Handball-Karriere im Murrtal auslaufen lassen. Als ihm jedoch im Dezember 2017 angeboten wurde, seine Arbeitsstelle nach Kalifornien zu verlegen, war’s vorbei mit beschaulichen Weihnachten. „Wir hatten zwar schon immer mit dem Gedanken gespielt, irgendwann mal ins Ausland zu gehen, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt“, sagt Schöbinger und lacht. Er hatte sich erst kurz zuvor mit seiner langjährigen Freundin Franziska verlobt, und die Hochzeitsplanungen für 2018 waren längst im Gange.

Lange diskutiert worden sei allerdings nicht, dazu sei die Aufgabe zu reizvoll gewesen, sagt Florian Schöbinger. „Es war nie die Frage, ob wir es machen, sondern nur, wie wir alles geregelt bekommen.“ Das Paar machte schnell Nägel mit Köpfen und zog den standesamtlichen Teil der eigentlich für November geplanten Hochzeit auf März vor. Als Ehepartner vereinfachen sich viele bürokratische Prozesse wie beispielsweise die Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis. Zunächst über drei Jahre läuft Schöbingers Arbeitsvertrag. „Wir haben nicht vor auszuwandern, sondern möchten irgendwann wieder zurückkommen.“

Im Silicon Valley dreht sich die Welt schneller

Im Juli machte sich Florian Schöbinger auf ins Silicon Valley. Alleine zunächst, seine Frau arbeitete bis Ende Dezember im Finanzbereich von Trumpf. Und irgendjemand musste auch noch die große Hochzeitsfeier im November vorbereiten. Bei den Schwiegereltern in Mundelsheim hat sich das Paar eine Einliegerwohnung als „Home Base“ eingerichtet. In diesem Monat werden die beiden in der South Bay Area bei San José, rund 30 Meilen südlich von San Francisco, ein gemeinsames Apartment beziehen. Vor Ort wird sich Franziska Schöbinger auf die Suche nach einer Arbeitsstelle begeben.

Ihr Mann hat sich diesbezüglich einen kleinen Vorsprung verschafft. „Am Anfang hatte ich schon ein wenig Bauchweh“, sagt Florian Schöbinger. Als er in Kalifornien angekommen sei, habe er niemanden gekannt. Er musste nicht nur Kontakte aufbauen, sondern sich auch in der rauen Geschäftswelt zurechtfinden. Und die dreht sich im Silicon Valley schneller als anderswo. Er sei, so Schöbinger, mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen worden. Mittlerweile habe er sich ein internationales Netzwerk aufgebaut – sowohl beruflich als auch privat.

Schöbingers Aufgabe ist es, für Kärcher nach Start-ups mit interessanten Technologien und Geschäftsmodellen zu suchen. „Man kann heute nicht mehr alles selber machen und schaut sich nach externen Partnern um, mit denen man bestimmte Dinge beschleunigen kann.“ Sehr spannend und abwechslungsreich sei die Aufgabe. Selbstredend gibt’s keine festen Bürozeiten, Arbeit und Freizeit gehen fließend ineinander über. „Ich habe meine Antennen immer ausgefahren.“

Schöbinger ist freilich nicht der Einzige, der sein Leben im Silicon Valley an der Arbeit ausrichten muss. Den meisten seiner Handball-Kollegen bei Calheat geht’s nicht anders. Erfolgreich ist das Team dennoch. Eine Runde wie in Europa gibt’s in den USA nicht, dazu sind die Entfernungen schlichtweg zu groß. Es werden Turniere gespielt, über die sich die Teams für die nationalen Meisterschaften qualifizieren können. Im vergangenen Jahr wurden die Calheat Zweiter, in diesem Jahr schätzt Schöbinger sein Team noch stärker ein. Ob’s für den Titel reichen wird, sei allerdings fraglich. „Die in New York haben eine super Mannschaft beisammen.“

Vielleicht macht am Ende auch der Trainer den Unterschied. Der Calheat-Coach Danilo Rojevic gilt als großer Fan von Rolf Brack, dem deutschen Taktik-Fuchs. „Ich musste im Training schon das eine oder andere Video von Rolf ansehen, wenn Danilo etwas erklären wollte“, sagt Schöbinger und grinst. In der deutschen vierten Liga könne sein Team eventuell mitspielen. Es gebe viele gute Handballer, das Problem sei der geringe Trainingsumfang.

Mit Vollprofis kam Schöbinger am zweiten Weihnachtsfeiertag in Kontakt, in der Porsche-Arena war er zum ersten Mal in dieser Saison live bei einer Partie des TVB dabei. Mittlerweile könne er die Spiele mit einer „gewissen Distanz“ verfolgen, zumal ja auch nicht mehr allzu viele Kollegen aus seiner Zeit dabei seien. „Ich muss aber zugeben, dass ich vor dem Spiel schon ein bisschen Gänsehaut bekommen habe.“

Quelle: Thomas Wagner, ZVW

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