Der Plan: Sicherheit gewinnen über die Abwehr

Eine Dreiviertelstunde lang war der TVB Stuttgart am jüngsten Spieltag der ersten Handball-Bundesliga auf einen Abstiegsplatz abgerutscht. Der Vorletzte Eulen Ludwigshafen führte beim Tabellendritten TSV Hannover-Burgdorf und stand vor dem nächsten Coup. Zeitgleich hechelte der TVB gegen den Tabellenneunten SC DHfK Leipzig einem Rückstand hinterher. Nach den Schlusssirenen waren die Verhältnisse, zum Glück für den TVB, wieder halbwegs geradegerückt: Ludwigshafen musste sich knapp mit 23:25 beugen und bleibt bei zwölf Punkten. Die Stuttgarter haben mit einem Kraftakt beim 25:25 – nach vier Niederlagen in Serie – wenigstens einen Punkt behalten und den drittletzten Platz verteidigt. Mit einem Punkt Vorsprung.

Nach dem lendenlahmen Auftritt in der Vorwoche beim TBV Lemgo freute sich Jürgen Schweikardt über den enormen Kampfgeist, den sein Team trotz aller Widrigkeiten an den Tag legte. Die eine oder andere diskussionswürdige Schiedsrichterentscheidung nahm der TVB-Trainer zwar zur Kenntnis. „Größere Gedanken verschwende ich daran aber nicht“, sagte er am Tag danach.

Zwangsläufig länger beschäftigen dagegen werden ihn die Folgen der Szene aus der 55. Minute: David Schmidt, wieder einmal der erfolgreichste Werfer und torgefährlichste Rückraumwerfer des TVB, ging beim Spielstand von 22:22 gegen Marko Mamic ins Eins-gegen-eins. Der kroatische Vize-Europameister, der sich kurz zuvor bereits wegen einer Schauspieleinlage die Missgunst der 5400 Fans in der Porsche-Arena zugezogen hatte, stoppte Schmidt ziemlich rüde und auf Kosten einer Zeitstrafe.

Für Schmidt hatte diese Aktion weitreichende Folgen: Er kugelte sich einen Finger der Wurfhand aus und wird, so schätzt sein Trainer, vier bis sechs Wochen nicht zur Verfügung stehen. Ob die Bänder und Sehnen etwas abbekommen haben, lässt sich noch nicht beurteilen, weil der Finger dick geschwollen ist.

Angesichts des kompakten Spielplans bedeutet diese Nachricht vermutlich vier bis sechs Spiele Zwangspause. In Melsungen und Kiel sowie in den extrem wichtigen Heimspielen gegen den Zwölften HC Erlangen, das einen Rang schlechter platzierte FA Göppingen und den Abstiegskonkurrenten HBW Balingen-Weilstetten muss sich Jürgen Schweikardt etwas einfallen lassen.

Auf den ersten Blick sind die Alternativen überschaubar: Robert Markotic fehlte gegen Leipzig wegen einer Knöchelverletzung. Er soll diese Woche wieder ins Training einsteigen. Mit Luis Foege stand bereits am Sonntag ein Nachwuchsspieler parat für den rechten Rückraum, er dürfte in den kommenden Wochen fest zum Kader gehören.

„Uns bleibt nichts anderes übrig, als auch diese Hürde zu überspringen“, so Schweikardt. Den Fokus will er in den kommenden Trainingseinheiten auf die Abwehrarbeit legen. Die zentralen Spieler Adam Lönn, Samuel Röthlisberger, Dominik Weiß und nach seiner Einwechslung auch Manuel Späth haben ihre Aufgaben gegen Leipzig vor allem in den zweiten 30 Minuten zufriedenstellend erledigt.

„Im Angriff ist uns die Leichtigkeit etwas abhandengekommen, und sie wird so schnell auch nicht zurückkommen“, sagt Schweikardt. „Wenn wir in der Abwehr noch stabiler werden, nimmt das den Druck aus dem Angriff.“ Dort hat der TVB Stuttgart derzeit mit der einen oder anderen Formschwäche zu kämpfen.

Quelle: Thomas Wagner / ZVW