Dem TVB fehlt eine Sekunde zum Punkt

Handball ist bisweilen grausam. Diese Erfahrung haben am Sonntag wieder einmal die Erstliga-Handballer des TVB Stuttgart gemacht. Nach einer engagierten Leistung standen sie gegen die Spitzenmannschaft Füchse Berlin bei der unglücklichen 32:33-Niederlage (16:13) mit leeren Händen da. Eine Sekunde vor Schluss klaute der dänische Weltmeister Hans Lindberg dem TVB mit dem finalen Treffer einen Punkt.

Am Ende jubelten die Hauptstädter und eine Handvoll Fans, die den Tabellensechsten nach Stuttgart begleitet hatten. Die TVB-Spieler standen wie ein Häufchen Elend auf dem Spielfeld und bedankten sich artig bei ihren Zuschauern. Die Schockstarre verstärkte sich noch, nachdem das Ergebnis aus Ludwigshafen die Runde gemacht hatte. Die Eulen zwangen Göppingen mit 24:23 in die Knie, damit ist die Lage für den TVB zur EM-Pause prekärer denn je: Nur noch zwei Punkte trennen die Stuttgarter von den Abstiegsrängen.

Da ist’s ein schwacher Trost, dass sich das Team von Jürgen Schweikardt im letzten Spiel des Kalenderjahres ganz anders präsentierte als beim lendenlahmen Auftritt am Donnerstag in Hannover. Entsprechend konsterniert wirkte der Trainer bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. „So ruhig habe ich die Mannschaft in der Kabine noch nie erlebt“, sagte Schweikardt. „Wir sind alle bitter enttäuscht.“

Beide Defensivreihen brauchten ein paar Minuten, um sich auf den Gegner einzustellen. 3:3 stand’s nach vier Minuten, ehe der TVB den nächsten personellen Rückschlag einstecken musste: Bei einer Abwehraktion zog sich Rudolf Faluvégi eine Platzwunde am Kopf zu. Der Ungar kehrte zwar später mit einem Turban auf die Auswechselbank zurück, kam aber nicht mehr zum Einsatz. Weil Adam Lönn zudem noch nicht spielfähig war, wurde es im Rückraum schon eng.

Erschwerend hinzu kam, dass die Schiedsrichter Robert Schulze und Tobias Tönnies in strittigen Situationen eher dazu neigten, zugunsten der Berliner zu entscheiden. So sah sich der TVB nach elf Minuten mit 3:6 im Hintertreffen. Großen Anteil daran hatte auch der Gästekeeper Martin Ziemer, der nach 13 Minuten schon sechs Paraden auf dem Zettel hatte und in den ersten 30 Minuten zur Lebensversicherung der Füchse avancierte.

Der TVB kam über seine starke Defensive jedoch rasch zurück ins Spiel. Jogi Bitter hielt gut, die Berliner wirkten im Angriffsspiel – allen voran im Rückraum – reichlich phlegmatisch. Hier setzte einzig der Linkshänder Fabian Wiede Akzente. Mit einem 4:0-Lauf holte sich der TVB beim 7:6 (17.) die erste Führung. Ein Unterschied war fortan zwischen dem Abstiegskandidaten und dem Spitzenteam nicht auszumachen, so blieb es eng bis kurz vor der Pause. Mit einem Schlussspurt holte sich der Außenseiter nach dem 13:13 die Drei-Tore-Führung. Den finalen Treffer zum 16:13 erzielte Dominik Weiß mit einem spektakulären Rückhandwurf.

Diese Aktion schien dem Rückraumspieler mächtig Auftrieb gegeben zu haben. Den „Langen“ (neun Tore) und David Schmidt (zehn Tore) bekamen die Berliner nie unter Kontrolle. Der TVB kam fokussiert aus der Halbzeit, mit einem verdeckten Wurf traf Max Häfner zum 19:14 (33.) und zur Fünf-Tore-Führung. Der Berliner Trainer Velimir Petkovic tobte an der Seitenlinie, ordnete eine offensivere Abwehr an – mit Erfolg: Das Heimteam suchte nun überhastet den Abschluss und leistete sich leichte Fehler. Nach Paul Drux’ Treffer zum 19:20 (40.) war das Polster fast aufgebraucht.

Der TVB hielt, allen voran dank Weiß, den knappen Vorsprung – allerdings nur bis zum 24:23 (46.). Dann traf Ziemer ins leere Tor zum 24:24. Jakov Gojun brachte die Füchse beim 26:25 wieder in Vorteil.

Dramatisch wurden die letzten zehn Minuten. Der starke Lindberg sorgte beim 29:27 (54.) für die erste Zwei-Tore-Führung der Füchse seit dem 6:4. Doch der TVB kämpfte verbissen. Den 28:30-Rückstand egalisierten Häfner und Schmidt (57.), Häfner glich fünf Sekunden vor dem Ende zum 32:32 aus. Berlin besprach in der Auszeit den finalen und siegbringenden Spielzug: Wiede trieb den Ball durch die Mitte und bediente mustergültig den an den Kreis einlaufenden Lindberg. Der TVB pennte, Lindberg ließ Bitter keine Chance – 32:33.

Der Rest war Schweigen.

TVB Stuttgart: Bitter, Lehmann, Häfner (4), Asgeirsson (1), Weiß (9), Faluvégi, Späth (1), Markotic, Röthlisberger, Zieker (5/4), Pfattheicher, Pesevski, Schmidt (10), Wieling (2).

Füchse Berlin: Ziemer (1), Genz; Wiede (4), Holm (3), Struck (3), Mandalinic, Gojun (1), Lindberg (8/3), Müller, Matthes (2), Kopljar (3), Koch (2), Marsenic (2), Drux (4).