„Jeder hatte seinen Anteil“

Am ersten – halbierten – Spieltag der Handball-Bundesliga haben die schwäbischen Teams überrascht: Frisch Auf Göppingen schlug Berlin, der TVB Stuttgart klaute Leipzig die Punkte. „Besonders gefreut hat mich, dass jeder Spieler seinen Anteil daran hatte“, sagte der TVB-Trainer Jürgen Schweikardt nach dem 27:26-Sieg. „Der Sieg war für uns alle enorm wichtig.“

15-mal waren sich der SC DHfK Leipzig und der TVB 1898 Stuttgart bis Donnerstag in der ersten und zweiten Liga begegnet. Neunmal gewannen die Sachsen, fünfmal der TVB, in der vergangenen Saison gab’s in Leipzig keinen Sieger. Nur einmal haben die Bittenfelder die Arena als Sieger verlassen. Allzu viele Experten und Fans dürften also nicht auf den TVB gesetzt haben zum Liga-Auftakt, zumal das Team von Trainer und Geschäftsführer Jürgen Schweikardt nach dem schwachen Pokal-Auftritt gleich heftige Kritik einstecken musste.

„Es ging uns schon viel durch den Kopf vor dem Spiel“, so Schweikardt. Beispielsweise die beiden schwachen letzten Heimspiele, mit denen sich der TVB aus der vergangenen Saison verabschiedet hatte. Oder die holprige Vorbereitung auf diese Spielzeit mit dem einen oder anderen alarmierenden Testpielresultat. „Das war für mich aber nicht so dramatisch, weil ich die richtigen Schlüsse daraus gezogen habe“, sagt Schweikardt. „Ich muss aber zugeben, dass uns das Spiel gegen Rimpar schon nachdenklich gestimmt hat.“

Bescheidene Chancenverwertung

In Leipzig indes war wenig zu spüren von einer Verunsicherung. Die Defensive des TVB vor dem starken Johannes Bitter präsentierte sich von Beginn an hellwach und unterband die Abläufe im Leipziger Angriffsspiel geschickt. Die Abstimmungsprobleme beim SC, der gleich auf fünf Stammspieler verzichten musste, waren offensichtlich. Der Rückraum um die deutschen Nationalspieler Philipp Weber und Niclas Pieczkowski kam selten in gute Positionen.

Im eigenen Angriff suchte der TVB mit geduldigem Spiel die Lücken in der drittbesten Defensive der vergangenen Spielzeit. Die fand er auch, was sich in der Vier-Tore-Führung nach 20 Minuten widerspiegelte. Ein Problem aber hatten die Bittenfelder: Die Chancenverwertung war bescheiden. Neun Fehlwürfe und fünf technische Fehler spielten Leipzig in die Karten, das sich so in die Partie kämpfte und elf Minuten vor dem Ende mit 22:20 in Führung lag. Der Spielverlauf ähnelte dem der vergangenen Saison, als Leipzig den 9:14-Pausenrückstand drehte und sich der TVB beim 24:24 mit einem Punkt begnügen musste.

Kurios: Drei Zeitstrafen gegen die „Bankangestellten“

Mit einem Remis hätte er auch am Donnerstag gut leben können, schließlich lagen die Vorteile in der Schlussphase auf Leipziger Seite. Beim 20:21-Rückstand rutschte der Leipziger Franz Semper aus, die Schiedsrichter Nils Blümel und Jörg Loppaschewski sahen ein Foul von Tobias Schimmelbauer und schickten ihn für zwei Minuten vom Feld. Damit nicht genug: Weil sich Jürgen Schweikardt nach Ansicht der Unparteiischen zu sehr darüber echauffierte, verhängten sie zusätzlich eine Zeitstrafe gegen die Bank. Eine Entscheidung, die Schweikardt auch am Tag danach nicht nachvollziehen kann. „Das hätte das Spiel entscheiden können“, sagte er. „Ich habe mich das gesamte Spiel über zurückgehalten. Wenn man in so einer Situation keine Emotionen mehr zeigen darf, wann dann?“

Auch die Leipziger hatten zuvor zu kämpfen gehabt mit der bisweilen kleinlichen Regelauslegung der Schiedsrichter. Bereits nach sechs Minuten verhängten sie eine Strafe gegen den SC-Co-Trainer André Haber, den Chef-Coach Michael Biegler erwischte es nach 38 Minuten. Der zeigte dafür in der Pressekonferenz nach dem Spiel ebenso wenig Verständnis wie für die Rote Karte, die Blümel/Loppaschewski kurz vor der Pause dem Leipziger Routinier Thomas Oehlrich nach einem Zweikampf mit Robert Markotic unter die Nase hielten.

Nicht immer nachvollziehbar waren die Entscheidungen, Jürgen Schweikardt durfte dies am Ende egal gewesen sein. Es überwog die Freude über die Punkte. „Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein Mannschaftserfolg“, sagte er. Ganz gleich, wen er aufs Spielfeld geschickt habe, jeder habe seinen Teil zum Sieg beigetragen.

Quelle: Thomas Wagner, ZVW